Worum geht es bei diesem Hobby?
Mit Murmeln spielen? Das ist doch nur was für Kinder, oder? Keineswegs! Klar, meistens spielen Kinder mit Murmeln, so wie auch ich das damals getan habe. Ganz klassisch: Mehrere Spieler werfen ihre Murmeln in Richtung einer kleine Kuhle im Sand. Dessen Murmeln der Grube am nächsten lag, beginnt die Murmeln mit den Fingern in die Kuhle zu kicken. Verfehlt er, ist der nächste an der Reihe und so weiter. Wer die letzte Murmel in die Kuhle kickt, hat alle Murmeln gewonnen. Ach ja, da werden wieder Erinnerungen wach!
Aber in alten Gräbern als Grabbeigabe gefundene Murmeln belegen, dass auch schon in der Antike mit Murmeln gespielt wurde. Nicht nur Römer, Griechen und Ägypter spielten damit. Kinder und Erwachsene frönten seit Tausenden von Jahren in allen Ländern der Welt dem Murmelspiel. Früher waren es runde Steine, Fruchtkerne, Nüsse, Kastanien oder Lehmkugeln, später auch Kugeln aus Marmor und sogar Porzellan. Mit der Erfindung der so genannten Märbelschere (Märbel spätmittelhochdeutsch für Murmel) begann 1848 die Produktion von Glasmurmeln durch den Glasbläser Christoph Simon Karl Greiner im thüringischen Städtchen Lauscha. Im gleichen Jahr erhielt er die Konzession zur alleinigen Herstellung von künstlichen Achat- und Edelstein-Kugeln. Die Farbglashütte Lauscha blickt allerdings auf eine viel ältere Geschichte zurück, und sie existiert heute noch.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts begannen die Amerikaner Maschinen zur Herstellung von Murmeln zu entwickeln. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts waren sie damit weltweit führend in der Produktion von Glasmurmeln. Heute werden Glasmurmeln vor allem in China (wo sonst?!) und in Mexiko hergestellt. In Mexiko steht in Guadalajara von der Firma Vacor die größte Murmelfabrik der Welt. Dort können angeblich bis zu 12 Millionen Murmeln pro Tag (!) hergestellt werden.
Mit der Zunahme des Autoverkehrs und dem damit einher gehenden Ausbau des Straßennetzes Ende des 20. Jahrhunderts geriet das Murmelspiel fast in Vergessenheit. Doch heute ist sie wieder populär, die Murmel oder Alabaster, Bickel, Bucker, Bugger, Datzer, Dotz, Duxer, Glaser, Heuer, Iller, Katzedonier, Klicker, Klucker, Knicker, Letsch, Marbel, Märbel, Marmel, Mermel, Picker, Schießer, Schneller, Schusser, Steinnuss, Üller und Wetzel. Ja, so viele verschiedene Namen hat sie laut Wikipedia im deutschsprachigen Raum!
Und fast genauso vielfältig sind die Spielvarianten und Regeln. Neben dem oben erwähnten Kuhle-Murmeln gibt es zum Beispiel das Fünf-Loch-Murmeln, das Dotzen, den Augenschuss, die Pyramide, das Wandmurmeln, das Murmel-Boule, das Kugelbahn-Murmeln, Englisches Ringspiel, Deutsches Tischmurmeln und viele weitere Varianten. Und bei jeder Variante können auch noch die Spielregeln unterschiedlich festgelegt werden. In einigen Ländern gibt es sogar Murmelsportverbände, leider nicht in Deutschland. Hier wacht seit 1996 der deutsche Murmelrat, der scheinbar keine eigene Seite im Netz betreibt, über die Meisterschaften und Regeln.
Was benötigst Du dafür?
Murmeln, was sonst? Je nach der Spielvariante benötigst du Murmeln mit einem Durchmesser von 13 bis 14,5 mm oder 16 bis 19 mm. Die Murmeln können aus Glas oder Keramik sein. Online-Shops haben teilweise 250 verschiedene Sorten im Angebot, da wird dir anfangs die Wahl schwer fallen. Aber die Murmeln gibt es ja auch in Spielzeugläden. Da ist allerdings eher das Problem, so ein Geschäft in der realen Welt zu finden. Für den Anfang sollten dir vielleicht 10 oder 20 Stück reichen. Je nachdem, wofür du die Murmeln verwenden willst, solltest du auf das Muster achten, damit du sie von denen der anderen Mitspielern unterscheiden kannst. Was dir dann noch fehlt, ist natürlich eine Mitgliedschaft in einem Murmelclub oder Klickerverein.
Wie viel kostet Dich dieses Hobby?
Einzelne Glasmurmeln bekommst du je nach Ausführung und Größe für 0,20 bis 0,60 € das Stück, also in Summe 2,- bis 6,- € für den Einstieg. Ein Säckchen oder Netz mit 21 Murmeln ist da etwa gleich teuer. Allerdings gibt auch Angebote mit 100 Stück zum gleichen Preis. Da kannst du schon erahnen, wo die hergestellt werden. Hier hast du dann auch keinen Einfluss auf den Inhalt bezüglich gleicher wiedererkennbarer Muster. Die Mitgliedschaft im Verein sollte gut 10,- € kosten. Die Investitionen sind also sehr überschaubar.
Möchtest Du Dich in Vereinen organisieren?
Ohne Verein spielst du allein! Wer will das schon?! Vereinsarbeit macht auch hier viel Spaß und du kannst in diesem „Sport“ aktiv sein, bis der Sensenmann an die Tür klopft. Dabei ist auch die Mitgliedschaft nicht teuer – siehe oben!
Hast Du Lust auf Wettbewerbe?
Tja, ich wollte es anfangs nicht glauben: Es gibt sogar Weltmeisterschaften im Murmelspiel! Die Murmel-Weltmeisterschaft findet jedes Jahr am Karfreitag im englischen Tinsley Green statt. Vereine aus Deutschland zählten dort oft zu den Siegern. Die Deutschen Meisterschaften koordiniert der Deutsche Murmelrat in Zusammenarbeit mit den Vereinen. Und regional sind die Vereine selbst sehr aktiv. Schließlich gilt es auch hier: Üben, üben und nochmals üben!
Ist dieses Hobby für Dich geeignet?
Hast du als Kind schon gern mit Murmeln gespielt? Gibt es vielleicht schon in deinem Umfeld Murmelspiel-Begeisterte? Interessieren dich überhaupt Spiele oder hast du selbst Kinder oder Enkel, mit denen du Spiele spielst? Dann ist dieses Hobby vielleicht etwas für dich. Entweder im Verein oder in der Familie. Es gibt tolle Strategie-Murmelspiele und Kugelbahnen im Handel.
Musst Du Rechtliches beachten?
Da gibt es nichts.
Wo findest Du weitere Informationen?
Da es in Deutschland zur Zeit keinen Murmelverband gibt, ist es etwas schwierig, Murmelvereine zu finden. Da hilft eigentlich wieder nur die Daten-Krake. Ich habe lesenswerte Beiträge beim Deutschlandfunk Kultur und bei Spiel und Zukunft gefunden. Und ein Murmelmuseum bei Eisfeld in Thüringen!
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